Kirche als Resonanzboden?

Ist Religion für unsere Gesellschaft nur ein Störfaktor? Und dass wir an einem autofreien Sonntag festhalten für die Wirtschaft ein Wettbewerbsnachteil? Ist die Kirche in Deutschland nicht ein Anachronismus, passt sie in unsere moderne Gesellschaft noch hinein? Hat sie als religiöse Autorität unserer Gesellschaft noch etwas zu sagen?

Der Soziologe Hartmut Rosa vertritt die Ansicht, dass unsere Gesellschaft sich in einer ernsthaften Krise befindet. Er denkt, dass wir durchaus religiöse Einrichtungen, Traditionen, Praktiken, Gedanken, Gebäude, Überzeugungen, und Riten brauchen, um da wieder herauszufinden.
In vielen Bereichen der Gesellschaft lässt sich das Phänomen der Beschleunigung diagnostizieren: um den Status Quo zu erhalten, braucht es ständiges Wachstum und Leistungssteigerung. Dies betrifft die Bevölkerung, die Produktion von Nahrungsmitteln oder Kleidung. Es klingt pervers, aber um nicht auf der Stelle zu treten, muss immer mehr Energie aufgewendet werden, was sich negativ auf das Klima und eine Verknappung von Rohstoffen auswirkt.

Wenn unsere Wirtschaft immer nur auf Wachstum ausgelegt ist, die Politik sich aber nicht die Frage stellt, wohin dieses Wachstum unseren Staat führen soll, stimmt etwas nicht. Wir befinden uns in einem globalen Hamsterrad, und ein Großteil der Bevölkerung leidet physisch und psychisch darunter. Mediziner beklagen immer mehr Patienten, die an Burnout oder Depressionen leiden. Die Kriege in den sozialen Netzwerken bestätigen, dass die Demokratie nur noch, wie es Rosa ausdrückt, im Aggressionsmodus arbeitet.

Worin besteht nun die Rolle der Kirche oder der Religion, um diese desolate Situation unserer Gesellschaft wieder ins Lot zu bringen?
Die zweite These, die Rosa vertritt, ist: Demokratie bedarf eines hörenden Herzens. Es besteht in der Bereitschaft zu fruchtbarem Dialog, zur Bereitschaft, aus dem Hamsterrad der ständigen Beschleunigung herauszutreten und sich auf etwas Neues einzulassen. Rosa versteht Religion als Dimension der Anrufbarkeit und insofern als Resonanzraum für die Entstehung fruchtbarer Kommunikation.

Meiner Auffassung nach bieten Religion und die Kirchen erheblich mehr als nur den äußeren Rahmen für das Zustandekommen eines gelungenen Dialogs innerhalb der Gesellschaft. In einer persönlichen Beziehung des Menschen zu Gott liegt auch mehr ein bloßes Innehalten innerhalb des ständigen Wachsenmüssens. Christlicher Glaube besitzt das Potenzial eine Wirtschaft, die nur auf Profit und Wachstum ausgerichtet ist, auf das Wohl der Menschheit und der Gesellschaft überhaupt auszurichten (christliche Soziallehre).
Das Buch von Hartmut Rosa ist ein wichtiger Impuls, um darüber nachzudenken, dass die Demokratie ihre Kraft und Beständigkeit Werten verdankt, die zunehmend aus dem gesellschaftlichen Leben verschwinden.

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Eine Antwort zu Kirche als Resonanzboden?

  1. Rita Krekels schreibt:

    Liebe Bergund, vielen Dank für den interessanten Beitrag. Gruß Rita –Diese Nachricht wurde v

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